Projektseite Gesamtkonzept Elbe

Gesamtkonzept Elbe

Kälberwerder, E-km 467
Quelle: WSA Elbe

Zustand der Natur

Die abwechslungsreichen Lebensräume der Elbe bieten zahlreichen seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause.

Luftbild mit Blick quer über die Elbe und ihre Auen. Am vorderen Ufer ist ein System an kleinen Inseln und Kanälen zu sehen. Zustand der Natur an der Elbe Blick auf die Elbauen. Quelle: FGG Elbe

Die Flusslandschaft ist geprägt von den knapp 3.000 km² großen Auenflächen, die aus einer großen Vielfalt auentypischer Lebensräume bestehen. An der Elbe gibt es zum Beispiel ein großflächiges Vorkommen von Hartholzauenwäldern – eine Rarität in Mitteleuropa. Auch die mageren Flachland-Mähwiesen und die sehr seltenen Brenndolden-Auenwiesen kommen an der Elbe vor. In den Auen wechseln sich Hoch- und Niedrigwasserphasen immer wieder ab. Das fördert beispielsweise den Elbebiber. Er nutzt Hochwasser, um seine Dämme zu erweitern. Neben dem Elbebiber leben hier weitere auentypische Tierarten wie die Rotbauchunke oder die Grüne Flussjungfer.

Gesamtkonzept Elbe analysiert Zustand der Natur

Im Rahmen des Gesamtkonzeptes Elbe wurde der Zustand der Natur an der Elbe als eines von mehreren Themenbereichen analysiert. Für Stromregelung, Verkehr und Wasserwirtschaft wurden ebenfalls eigenständige Ist-Analysen vorgenommen. Laut Ist-Analyse von 2015 für das Arbeitspaket Naturschutz werden im Mittel nur noch etwa 20 Prozent der ursprünglichen Überschwemmungsflächen regelmäßig von Wasser überflutet und gehören somit zur rezenten Aue. Die restlichen 80 Prozent wurden durch menschliches Einwirken vom Fluss abgetrennt und sind damit als Überschwemmungsflächen verloren gegangen. So hat die Flächengröße der rezenten Aue stark abgenommen. An der Oberen Elbe sind die Verluste aufgrund der naturgegebenen Form des Flusstals geringer als an der mittleren Elbe.

Defizite aus Sicht des Naturschutzes – Ursachen und Folgen

Viele Jahrhunderte lang beeinflusste der Mensch die Elbe und ihre Auen, ihren Verlauf und ihre Struktur. Dieses Einwirken hat sich in vielen Fällen negativ auf die auentypischen Arten und Lebensräume ausgewirkt. Im Folgenden werden basierend auf den Ergebnissen der Ist-Analyse von 2015 wesentliche menschliche Eingriffe auf das Flusssystem und die daraus folgenden Beeinträchtigungen kurz zusammengefasst:

  1. Auen werden intensiv genutzt:
    Weich- und Hartholzauenwälder wurden zugunsten intensiverer Formen der Landnutzung bis auf kleine Reste zurückgedrängt. Selbst das Auengrünland wird meist intensiv bewirtschaftet, so dass wertvolle, artenreiche Magere Flachland-Mähwiesen und Brenndolden-Auenwiesen massiv zugunsten artenarmer Grünlandbestände verschwinden. Durch diese Entwicklung genügen sie auch den Ansprüchen wiesenbrütender Vogelarten kaum mehr. Angemerkt sei hierbei, dass insbesondere in den durch Deichbau abgeschnittenen Altauen intensiver Ackerbau sowie wachsende Siedlungsbereiche den ursprünglichen Charakter der Auenlandschaft teilweise vollständig überprägt haben.
  2. Flusslauf wurde begradigt und eingeengt:
    Diese Eingriffe hatten unbeabsichtigte, sich schleichend entwickelnde Nebenwirkungen. Es kam einerseits durch Erosion zur Eintiefung des Flusses und andererseits durch Sedimentation zur Aufhöhung vieler flussnaher Uferbereiche sowie der Auenflächen. Insgesamt wurden dadurch Fluss und Aue funktional entkoppelt. Die Konsequenzen sind zum Beispiel seltenere Überflutungsereignisse in der Aue und schneller alternde Altgewässer.
  3. Strom- und Wasserbauwerke wurden errichtet, es werden Maßnahmen zu Wasserstraßenunterhaltung und Hochwasserschutz betrieben:
    Dadurch kam es am Fluss zu einem Mangel an Dynamik, Breiten- und Tiefenvarianz sowie Sonderstrukturen. Durch Eindeichung werden Auenbereiche abgeschnitten und der Hochwasserdynamik entzogen. Arten und Lebensräume, die an auentypische Strukturen bzw. Dynamik gebunden sind, verschwinden in der Folge oder deren Vorkommen verringern sich.
  4. Beeinträchtigungen durch Freizeitaktivitäten und Tourismus:
    Wandern in der Auenlandschaft, Angeln, Motorboot- oder Kajakfahren – was für den Mensch Erholung bedeutet, ist Stress für die Natur. Durch Lärm, starken Wellenschlag durch Wasserfahrzeuge, Müll und Betretung werden vor allem störungsempfindliche Tier- und Pflanzenarten beeinträchtigt. Das betrifft insbesondere sensible Vogelarten in den Brut- und Rastzeiten.
  5. Schadstoffe belasten die Ökosysteme:
    Durch Menschen eingebrachte Schadstoffe belasten Fluss und Auen. Bei Hochwasser werden sie immer wieder umverteilt. Dies stellt ein Risiko für nutzungsabhängige Ökosysteme dar und erschwert naturschutzgerechtes Auenmanagement.

Um diesen Einflüssen entgegenzuwirken, hat das Gesamtkonzept Elbe eine Vielzahl an Möglichkeiten zum Schutz der Natur identifiziert.

Lebensräume und Arten an der Elbe

Welche charakteristischen Lebensräume gibt es an der Elbe? Und welche Arten leben dort? Hier ist ein kurzer Überblick über wichtige typische und geschützte Lebensräume und Arten.

Geschützte Lebensräume der FFH-Richtlinie

  • Hartholzauenwälder an der Elbe werden oft geprägt von Eichen und Ulmen. Aufgrund ihrer Höhenlage werden sie in der Regel periodisch bei Hochwasserereignissen überflutet. Die Standorte sind oft nährstoffreich, was zu einer üppigen Krautschicht und einer gut ausgebildeten Strauchschicht führt.
  • Dominierende Gehölzarten der Weichholzauenwälder an der Elbe sind verschiedene Weidenarten sowie die Schwarzpappel. Aufgrund der niedrigeren Höhenlage im Vergleich zu den Hartholzauenwäldern wird dieser Lebensraum häufiger und über längere Zeiträume überflutet.
  • Brenndolden-Auenwiesen sind sehr selten in Deutschland und haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in den Auenlandschaften der mittleren Elbe. Sie haben sich bei extensiver Grünlandnutzung auf wechselfeuchten Standorten etabliert. Kennzeichnend für die artenreichen Bestände ist die Brenndolde.

    Blick auf eine für die Landschaft an der Elbe typische Brenndoldenwiese mit Wasser-Greiskraut. Zustand Natur Elbe, Brenndoldenauenwiese Die an der Elbe typischen Brenndolden-Auenwiese mit Wasser-Greiskraut. Quelle: Guido Warthemann

  • Magere Flachland-Mähwiesen sind der am häufigsten vorkommende geschützte Grünlandlebensraumtyp in der Elbaue. Dieser Lebensraum wird durch extensive Grünlandnutzung bestimmt und zeichnet sich durch großen Artenreichtum aus. Aber auch dieser ist zugunsten artenarmer, intensiv genutzter Grünländer stark im Rückgang.
  • Typisch für die Elbe sind Flussbereiche mit Schlammbänken. Die Schlammbänke sind häufig über lange Zeiträume überflutet und unterliegen somit großer Dynamik. Aber auch an diese schwierigen Standortbedingungen konnten sich Pflanzenarten anpassen. Hier sind einjährige Pionierarten wie zum Beispiel Zweizahn , Knöterich und Gänsefußarten klar im Vorteil.

Die folgenden Grafiken zeigen einen beispielhaften Querschnitt der räumlichen Lage der einzelnen Lebensraumtypen (LRT). Die gestrichelten Linien beschreiben unterschiedlich hohe Wasserstände (HHW: höchster Hochwasserstand, HW: Hochwasserstand, MW: Mittelwasserstand, NW: Niedrigwasserstand):

Grafik zeigt schematisch im Querschnitt die Lage von Gewässer- und Grünlandlebensraumtypen relativ zum Geländeprofil und verschiedenen Wasserständen. Zustand Natur Elbe, Lebensraumtypen Lebensraumtypen der Aue als Kulturlandschaft

Grafik zeigt schematisch im Querschnitt die Lage von Gewässer- und Waldlebensraumtypen relativ zum Geländeprofil und verschiedenen Wasserständen. Zustand Natur Elbe, Lebensraumtypen Lebensraumtypen der Aue als Naturlandschaft

Geschützte Arten der FFH- und Vogelschutzrichtlinie

  • Vögel: Kranich, Seeadler, Fischadler, Weißstorch, Großer Abendsegler, Wachtelkönig, Mittelspecht, Trauerseeschwalbe, Flussseeschwalbe, Krickente, Austernfischer, Graugans, Kiebitz, Bekassine
  • Insekten: Heldbock, Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling, Große Moosjungfer
  • Amphibien: Rotbauchunke, Moorfrosch
  • Fische: Bitterling, Rapfen
  • Säugetiere: Biber, Fischotter
  • Weichtiere: Schmale Windelschnecke
  • Pflanzen: Sand-Silberscharte

Letzte Änderung: 08.10.21